Soziale Arbeit mit Behinderten

Neben dem Kontext von Sozialer Arbeit und Bildung zählen Kinder und Jugendliche, Menschen in der Rehabilitation und mit Behinderung sowie alte Menschen zu den Hauptzielgruppen Sozialer Arbeit.

Zwischen Integration und Inklusion – Soziale Arbeit mit Behinderten

Wir beleuchten nachfolgend die Soziale Arbeit mit Behinderten als ein Handlungsfeld, das in den letzten Jahren immens an Bedeutung gewonnen hat und neben der Sensibilität des Themas insbesondere wegen der aktuellen Diskussionen rund um die Inklusion zu den gesellschaftlichen Dauerbrennern zählt. Die Unterschiedlichkeit von Behinderung und die daraus resultierenden vielfältigen Handlungserfordernisse oder Hilfen ermöglichen jedoch nur einen sehr begrenzten Blick auf das Thema.

Behinderung – was ist das?

Für den Begriff der „Behinderung“ gibt es zwar eine Vielzahl verschiedenster Definitionsversuche, aber keine endgültige Fassung. Dass behinderte Menschen dauerhaft und gravierend durch ihre Umwelt beeinträchtigt und somit in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen sind, ist eine dieser Versionen. Doch wer von uns will das schon abschließend beurteilen? Seien wir mal ehrlich: Im Alltag begegnen uns fast täglich Menschen, die wir aus der Situation heraus für „behindert“ halten. Die wirklich Beeinträchtigten, die durch veränderte oder fehlende Körperstrukturen sowie chronische physische oder psychische Krankheiten dauerhaft gehandicapt sind – mögen uns diese Bemerkung hoffentlich verzeihen oder vielsagend lächeln.

Auch Umwelt- und gesellschaftliche Faktoren wie Bordsteine, Treppen, nicht barrierefreie Webseiten oder Hindernisse in der Ausbildung, im Beruf und in der Kommunikation zählen zu möglichen Behinderungen.

Ob die Behinderung eines Menschen angeboren ist oder im Lebensverlauf „erworben“ wurde oder ob ein Mensch aus gesellschaftlicher Sicht (bei etwas) behindert wird oder ob er aus medizinischer Sicht behindert ist, ist für die Soziale Arbeit durchaus von Relevanz, erfordert aber auch die Sicht aus zwei Perspektiven – aus der des Betroffenen und des Außenstehenden.

Behinderung = Nichtteilhabe?

Nein! Soziale Teilhabe statt Pflege!

Es ist unstrittig, dass Menschen mit körperlichen, seelischen und geistigen Behinderungen, sozialen Entwicklungsauffälligkeiten oder Mehrfachschädigungen unabhängig von medizinischen Erfordernissen einen erhöhten Bedarf an individueller Begleitung, Beratung und Förderung haben.

Vor einigen Jahren wurden Behinderte und Nichtbehinderte voneinander getrennt beschult und betreut. Heute begreifen wir Menschen mit Beeinträchtigungen nicht mehr als „Fall für die Fürsorge“, sondern sie gestalten – auch mit Hilfe Sozialer Arbeit  – in Abhängigkeit vom Grad ihrer Behinderung (meist) unsere Gesellschaft aktiv und gleichberechtigt mit. Damit ist Behinderung nicht mehr nur das Schicksal des Betroffenen allein, sondern berührt und fordert die Familien, Freunde oder Kollegen gleichermaßen. Das Leben mit Behinderung(en) ist zu unserer gemeinsamen sozialen Aufgabe geworden.

Aus inklusiven Denkweisen resultieren greif- und sichtbare gesellschaftliche Handlungserfordernisse und Tatsachen wie die Schaffung von integrativen Kindertagesstätten, Möglichkeiten der Frühförderung, Integrationshelfer an Schulen, familienunterstützende Angebote oder Orte zum gleichberechtigten Arbeiten.

Ziele der Sozialen Arbeit behinderten Menschen

Die Behindertenhilfe umfasst aus der Natur der Dinge alle Lebensbereiche wie Wohnen, Bildung, Arbeit, Freizeit, Familie, Einkommen oder Soziale Netzwerke. Ebenso wie bei der Rehabilitation zielt die Arbeit mit Behinderten auf die Integration oder Wiedereingliederung in unsere Gesellschaft – beispielsweise durch Leistungen in der schulischen und beruflichen Ausbildung, der Medizin, sonder-und heilpädagogischen Maßnahmen oder Förderungen zur Teilnahme am sozialen Leben und damit einer Abkehr aus der sozialen Insolation.

Das Hauptaugenmerk Sozialer Arbeit ist es also, den Menschen mit Behinderungen durch gezielte integrierende und inkludierende Maßnahmen gleichermaßen eine, wenn möglich, selbstbestimmte Lebensführung in größtmöglicher Normalität zu sichern.

Ziel Sozialer Arbeit kann es folglich nicht sein, in medizinische Belange einzugreifen, und auch für Wunder sind Sozialpädagogen (leider) nicht zuständig, auch wenn wir es uns noch so wünschen. Sie können lediglich die Rahmenbedingungen bestmöglich gestalten.

Ansatzpunkte und Handlungserfordernisse im Umgang mit behinderten Menschen

Absolventen von Studiengängen im Bereich Sozialpädagogik / Soziale Arbeit erwerben generalistische Fähigkeiten und können in verschiedenen sozialen Feldern – auch bei der Arbeit mit Behinderten – individuelle Lebens- und Problemlagen erfassen, verstehen und gegebenenfalls intervenierend eingreifen.

Dennoch erfordert gelebte Integration und Inklusion spezifische Methoden und Professionalität. Behindertenhilfe funktioniert nicht nach Schema, sondern muss den Menschen entsprechend ihrer individuellen Kompetenzen, Ressourcen und Möglichkeiten fallangemessen gerecht werden.

Eine qualifizierte Soziale Arbeit mit Behinderten setzt voraus, dass Sozialarbeiter und Sozialpädagogen zu den betroffenen Menschen vorurteilsfreie und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen können. Aus unserer Sicht ist das nicht erlernbar, sondern eine Gabe.

Außerdem sind hohe Belastbarkeit, Geduld, Einfühlungsvermögen und Kreativität

Empowerment nutzen! Ungenutzte Stärken der Klienten zu suchen und zu fördern sowie Hilfestellungen bei der Aneignung von Lebensautonomie und Selbstbestimmung behinderter Menschen zu vermitteln, kann durch Empowerment (auch Bestärkung, Selbstbefähigung) erreicht werden. Dennoch müssen Sozialarbeiter in der Behindertenarbeit auch stellvertretend für (meist geistig) behinderte Menschen deren Krisenbewältigung übernehmen, sofern sie dazu nicht selbst in der Lage sind.

Sozialarbeiter = Netzwerker! Eine professionelle Netzwerkarbeit mit den Betroffenen selbst, Kooperationspartnern oder ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt die Erziehung, Förderung, Bildung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher sowie die Alltags- oder Lebensbegleitung erwachsener und alter Menschen mit Behinderung.

Mit einem professionellen Sozial- und Qualitätsmanagement sichern Sie im Zusammenspiel von Beratung, sozialer Therapie, Case Management, Familienhilfe und Gemeinwesenarbeit eine hohe Qualität der Unterstützungs- und Betreuungsangebote für behinderte Menschen. Die Führung, Begleitung und Reflektion der Methoden und Wirksamkeit Sozialer Arbeit ermöglicht dabei eine anforderungsgerechte Evaluierung.

Berufliche Perspektiven in der Sozialarbeit mit Behinderten

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg mit Standort Villingen-Schwenningen bietet beispielsweise einen dreijährigen Bachelor Fernstudium Soziale Arbeit – Menschen mit Behinderung (B.A.) ebenso an wie die Berufsakademie Sachsen mit ihrer Studienakademie in Breitenbrunn.

Berufliche Einsatzfelder von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern im Rahmen Sozialer Arbeit mit Behinderten können konzeptionelle oder beratende Tätigkeiten bei Sozialdiensten von Einrichtungen der Eingliederungshilfe, ambulanten Dienste oder Selbsthilfeorganisationen, in Kindertageseinrichtungen, Förderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen, betreuten Wohnformen, familienunterstützenden Diensten oder Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken sein.

Unser Tipp! Schauen Sie sich den Film „Ziemlich beste Freunde“ an, der Ihnen äußerst anschaulich vermittelt, was wir Ihnen hier eigentlich sagen wollten!