Soziale Arbeit mit alten Menschen

Ab wann gehören wir zum „alten“ Eisen? Aus Teenagersicht zählen wir mit 30 schon dazu, laufen aber mit 70 noch Marathon. Glücklicherweise gibt uns weder der Kalender noch die gesellschaftliche Altersdiskussion auf diese Frage eine zufriedenstellende Antwort. Körperliche und geistige Einschränkungen oder individuelle Lebensverläufe halten sich nicht an Altersgrenzen.

Soziale Arbeit mit alten Menschen – sozialpädagogisch begleitet ins Altenheim?

Soziale Arbeit mit Alten“ – eine herbe Bezeichnung, aber Rechtsgrundlage für die Unterstützung älterer und alter Menschen ist die „Altenhilfe“ nach § 71 SGB XII als Teil kommunaler Daseinsvorsorge. Dennoch versteht sich Soziale Arbeit mit Senioren nicht als Altenhilfe oder Altenpflege im klassischen Sinne, sondern die Kompetenzen der Sozialarbeit liegen vielmehr im methodischen Planen, Beraten, Begleiten, Unterstützen, Vernetzen und Koordinieren von Aktivitäten und beteiligten Personen oder Gruppen. Soziale Fachkräfte sind zudem Motivatoren, Freizeitpädagogen, Zeit- oder Trostspender, aber nicht für medizinische Wunder zuständig!

Alter als Chance Sozialer Arbeit?

Erst durch den demografischen Wandel, den Bedeutungszuwachs von Altenpolitik und die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung sind Senioren überhaupt erst zu Adressaten Sozialer Arbeit geworden, aus denen sich wiederum Bedarfe für offene, ambulante, teilstationäre oder stationäre „Altenarbeit“ ableiten. Somit bieten diese Arbeitsfelder, so makaber es klingen mag, besondere Wachstumschancen.

In Kooperation mit Gesundheit und Pflege sind Sozialarbeiter und Sozialpädagogen in Senioren- und Pflegeheimen, Einrichtungen des betreuten Wohnens oder Senioren-Wohngemeinschaften, aber auch in Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen, in der Bildungsarbeit, Sozialdiensten oder der Altenhilfeplanung tätig.

Alter als schwierige Lebensphase?

Wenn wir ehrlich sind, schauen wir mit mulmigen Gefühlen auf das Alter. Wir bekommen Panik, wenn wir an uns und unsere eigene Familie denken und verdrängen die Gedanken bis in den letzten Winkel.

Das Alter macht dennoch den sprichwörtlichen Unterschied – das Arbeitsleben ist beendet, und mit dem Eintritt ins Rentenalter wollen viele Menschen das nachholen, wofür sie vorher keine Zeit hatten. Aus unserer Sicht ist heute der eigentliche Luxus ohnehin nicht das Geld – auch wenn es beruhigt – ,sondern Zeit (haben)!

Neben den positiven Aspekten des Seniorenalters häufen sich aber auch belastende Lebensereignisse und selbstkritische Lebensrückblicke, wir nehmen die verbleibende und begrenzte Lebenszeit bewusster wahr oder müssen mit einschneidende Neuorientierungen rechnen. All diese Gesichtspunkte verlangen insbesondere von älteren und alten Menschen ein hohes Maß an Bewältigungskompetenz, Optimismus, Motivation und den Bedarf an externer Hilfe.

Vom Ehrenamt bis zur stationären Altenhilfe

Eine Vielzahl der 60- bis 80-Jährigen beteiligt sich heute aktiv am gesellschaftlichen Leben, engagiert sich ehrenamtlich möglichst generationsübergreifend oder im familiären Umfeld. Der soziale Beratungsbedarf konzentriert sich hier auf die Vermittlung ehrenamtlicher Betätigungsfelder (z.B. Großelterndienste, Nachbarschaftshilfe, Leseomas) durch Freiwilligenagenturen, Ehrenamtszentralen oder Seniorenbüros, die über das notwendige Know-how verfügen.

Professionelle soziale Beratung, Begleitung und Hilfen benötigen insbesondere die Menschen, die etwa durch medizinische Einschränkungen gehandicapt sind, kritische Lebenssituationen zu bewältigen haben oder unter Vereinsamung leiden.

Seniorennachmittage, Wohngemeinschaften, Kurzzeit- und Tagespflege oder Pflegedienstbetreuung Bedarf an sozialer Arbeit mit alten Menschen permanent, wobei gerade in diesen Bereichen meist nicht Fachkräfte der Sozialen Arbeit, sondern häufig Pflege- oder Hilfspersonal der jeweiligen Träger tätig sind.

Gesellschaftliche Teilhabe durch die Organisation alterskonformer Freizeitangebote, die zielgerichtete Mobilisation körperlicher und geistiger Fähigkeiten, Hilfen zur Sicherung geregelter Tagesabläufe oder die Motivierung für persönliche Ziele zählen in der Altenarbeit ebenso zu den Aufgaben von Sozialarbeitern wie die Suche nach individuellen Hilfen, Netzwerkpartnern oder Zeitspendern.

Einen alten Baum verpflanzt man (möglichst) nicht

Ein Umzug in ein Altenheim ist für alle Beteiligten belastend und ein drastischer Lebenseinschnitt, für deren Bewältigung nicht allein medizinisch pflegerische, sondern auch soziale Betreuung nötig ist, die bisher in stationären Einrichtungen der Altenhilfe (noch) eher selten vorkommt. In einer Reihe von Häusern werden dennoch die Heimbewohner von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen betreut, die sich um eine weitgehende Normalisierung des Heimalltages, die Individualisierung von Heimdienstleistungen, die besondere Förderung von nicht mobilen, psychisch oder dementiell erkrankten Bewohnern und deren Integration in die Gemeinschaft, die Organisation von Freizeit- und Gruppenangeboten, Angehörigenarbeit, die Vernetzung mit externen Diensten oder die Pflegeplanung kümmern.

Grenzen der Sozialen Arbeit mit Senioren

  1. Wir möchten Wissen und Erfahrungen unserer Senioren nutzen, von ihrer zeitlichen Ungebundenheit profitieren oder sie für ehrenamtliche Aufgaben gewinnen. Dennoch nutzen wir noch viel zu wenig die möglichen Synergien zwischen den Generationen. Qualität und Quantität sozialer Arbeit mit älteren Menschen sind weitgehend undefiniert und somit ist es den Trägern überlassen, inwieweit sie sich Sozialarbeiter und Sozialpädagogen „leisten“.
  2. Das Rentenalter bedeutet (leider) nicht nur, die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Gesundheitliche Einschänkungen beeinflussen zunehmend die Lebensqualität, die unser Leben verändern und Zukunftsängste auslösen können. Für diese – auf den ersten Blick ganz familiären Probleme – gibt es soziale Beratungs- und Anlaufstellen, vor denen viele Menschen zurückschrecken und somit aufgrund zu hoher Hemmschwellen eben nicht von externen Hilfen profitieren.
  3. Die Soziale Arbeit mit älteren Menschen berücksichtigt die Belastungen der Angehörigen, die genau genommen als unbezahlte Pflegekräfte tätig sind, nur unzureichend. Pflege und Betreuung bedeutet permanente Beanspruchung, aus der ebenso ein Bedarf an qualifizierter sozialer Betreuung erwächst.
  4. Soziale Arbeit mit Senioren kann medizinische und pflegerische Maßnahmen sinnvoll ergänzen, jedoch nicht fachlich in Medizin und Pflege eingreifen und stößt damit an natürliche Grenzbereiche.

Ausbildungsmöglichkeiten für die die Soziale Arbeit mit alten Menschen

Grundsätzlich ist Soziale Arbeit mit alten menschen einer der Vertiefungsschwerpunkte in generalistischen Fernstudium Soziale Arbeit und beinhaltet Ressourcen- und Gemeinwesenorientierung, soziale Netzwerkarbeit oder Empowerment in ähnlichem Maße wie die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Behinderten oder Suchtkranken.

An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heidenheim können Sie beispielsweise einen themenvertiefenden Bachelor Studiengang Soziale Arbeit mit älteren Menschen / Bürgerschaftliches Engagement absolvieren, der sich den Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft stellt.

Also auch bei diesem Thema gilt: Alter kennt keine Grenzen!